Lieferzustände von Stahl und ihre Bedeutung

Picture of P. Maseberg
P. Maseberg
Qualitätsmanagement

Warum sind Lieferzustände bei Stahl entscheidend?

Die Wahl des Lieferzustands hat direkten Einfluss auf die mechanischen und chemischen Eigenschaften von Stahl. Die richtige Kombination aus Chemie, Verformung (Walzen) und Wärmebehandlung stellt sicher, dass die optimalen Werte erreicht werden. Jede Stahlsorte besitzt spezifische Vorgaben, die im Norm- oder Datenblatt festgelegt sind.

Die passende Wärmebehandlung sorgt für:

  • Verbesserte Werkstoffeigenschaften für spezifische Anwendungen
  • Optimierte Gefügestruktur
  • Homogene und feinkörnige Materialien

Arten der Lieferzustände und Wärmebehandlungen

+AR (As Rolled / Warmgewalzt)

Produkte im Lieferzustand +AR werden ohne gezielte Einflussnahme auf Walztemperaturen oder Wärmebehandlungen hergestellt. Die Werkstoffbezeichnung dieser Produkte endet mit der Abkürzung +AR.

+N (Normalisiert)+NR (Normalisierend gewalzt)

  • +NR: Durch normalisierendes Walzen wird eine gleichwertige Struktur wie beim Glühen (siehe +N unten) erzielt.
  • +N: Wird durch ein Glühen (Normalisieren) im Ofen erreicht (880–920°C).
  • Vorteile +N gegenüber +NR: Gleichmäßige Gefügestruktur, bessere Schweißbarkeit, optimierte Umformeigenschaften, PWHT-beständiger, bessere KBZ.

Bei Güten gemäß Euronorm bekommen beide Lieferzustände den Zusatz +N.

Beispiel: EN 10025-2 Baustahl S235 – S355

Stahlsorten wie S235JR oder S355J2 können im Lieferzustand +AR, +N oder +NR hergestellt werden. Die Zusätze an der Werkstoffbezeichnung lauten +AR und +N. Wobei +N auch normalisierendes Walzen (+NR) einschließt.

N+T

Für diesen Lieferzustand werden die Bleche im Ofen normalisiert (890-950°C), kühlen im Anschluss langsam ab und werden dann angelassen, d. h. bei 550-750°C im Ofen erwärmt. Dieser Zustand gilt für Güten der EN 10028 wie 13CrMo4-5 und 10CrMo9-10.

+QT (Vergütet / Quenched and Tempered)

  • Durch das Abschrecken (Quenching) mit Wasser, Öl, Polymerlösung oder reinen Gasen wird eine hohe Härte erzielt.
  • Das anschließende Anlassen (Erwärmen auf eine werkstoffspezifische Temperatur) reduziert die Sprödigkeit und erhöht die Zähigkeit.
  • Ideal für Anwendungen mit hohen Festigkeitsanforderungen.

NACT

Hierbei wird das Blech mit einem Luftgebläse oder durch „tropfende Wasser“ abgekühlt. Dieser Prozess ist einerseits schneller als die Kühlung an ruhender Luft, andererseits langsamer als beim Quenching (Abschrecken).

+A (Weichgeglüht / Soft Annealed)

  • Wird bei hochlegierten oder kohlenstoffreichen Stählen verwendet.
  • Ziel: Festigkeitsreduzierung zur Verbesserung der Zerspanbarkeit und Umformbarkeit.

TM (Thermomechanisch gewalzt)

Für diesen Zustand ist ein hoher nichtmetallischer Reinheitsgrad der Stahlschmelze bei niedrigem Kohlenstoffgehalt nötig, ebenso wie ein niedriger Anteil an Störelementen wie Phosphor, Schwefel, Stickstoff und Bor.

 

Um das zu erreichen, wird der Stahl bereits als Roheisen entschwefelt und später in der Sekundärmetallurgie einer speziellen Vakuumbehandlung unterzogen.

 

Anschließend erfolgt die thermomechanische Walzung (TM):

 

  • Nicht nur zur Formgebung, sondern auch gezielt zur Einstellung von mechanischen Eigenschaftskombinationen
  • Vorteile: Bessere Oberfläche und Ebenheit, sehr gute Kaltumformbarkeit, Feinkörniges Material, optimale Schweißbarkeit und hohe Zähigkeit (gute KBZ)

 

Erfahren Sie mehr über die unterschiedlichen Lieferzustände und wie sie Ihre Anwendung optimieren können! Kontaktieren Sie uns gerne für detaillierte Beratung und technische Informationen.

Weitere Neuigkeiten