Zugversuch von Stahl – Einblick in die mechanischen Eigenschaften

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P. Maseberg
Qualitätsmanagement

Der Zugversuch ist eines der wichtigsten Verfahren zur Bestimmung der mechanischen Eigenschaften von Stahl. Er liefert essenzielle Kennwerte, die für die Auswahl und Verarbeitung von Stahlprodukten von großer Bedeutung sind.

Ablauf des Zugversuchs

Beim Zugversuch wird eine standardisierte Probenstange schrittweise einer einachsigen Zugbelastung ausgesetzt, bis sie versagt. Während des Tests werden die aufgebrachte Kraft und die resultierende Dehnung kontinuierlich aufgezeichnet. Daraus lassen sich verschiedene mechanische Eigenschaften ableiten.

Es gibt unterschiedliche Probenformen für den Zugversuch:

  • Flachzugprobe: Wird für Bleche und Flacherzeugnisse verwendet.
  • Rundzugsprobe: Wird für Stäbe, Rohre und andere rotationssymmetrische Bauteile eingesetzt.

Ein zentrales Ergebnis des Zugversuchs ist die Spannungs-Dehnungs-Kurve, die das mechanische Verhalten des Materials grafisch darstellt. Sie zeigt die elastische und plastische Verformung bis hin zum Bruch und hilft, die verschiedenen Kennwerte zu ermitteln.

Wichtige Kennwerte des Zugversuchs

  • Streckgrenze (Re): Die Spannung, bei der der Stahl plastisch zu fließen beginnt, d. h. er verformt sich dauerhaft. Diese Größe wird in der europäischen Norm (EN) verwendet.
  • 0,2%-Dehngrenze (Rp0,2): Die Spannung, bei der eine plastische Dehnung von 0,2 % auftritt. Diese Größe wird nach ASTM / ASME anstelle der Streckgrenze genutzt, wenn keine ausgeprägte Streckgrenze vorhanden ist.
  • Zugfestigkeit (Rm): Die maximale Spannung, die die Probe aushält, bevor sie bricht.
  • Bruchdehnung (A5 oder A10): Die prozentuale Längenänderung der Probe nach dem Bruch, ein Maß für die Duktilität.
  • Elastizitätsmodul (E): Beschreibt die Steifigkeit des Stahls und gibt an, wie stark sich das Material unter einer bestimmten Belastung elastisch verformt.

Normen für den Zugversuch

Der Zugversuch wird nach verschiedenen internationalen Normen durchgeführt, um eine einheitliche Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten:

  • EN ISO 6892-1: Europäische Norm für den Zugversuch bei Raumtemperatur.
  • ASTM A370 / ASME SA-370: Standardprüfverfahren für mechanische Prüfungen von Stahlprodukten, einschließlich des Zugversuchs.
  • ASTM E8 / E8M: Amerikanische Norm für den Zugversuch metallischer Werkstoffe.
  • ASME Section II, Part A: Enthält Anforderungen für den Zugversuch in Bezug auf drucktragende Komponenten.

Bedeutung des Zugversuchs für die Stahlindustrie

Die Ergebnisse des Zugversuchs sind essenziell für die Qualitätssicherung und Materialauswahl. Je nach Anwendungsbereich – ob im Stahl- und Brückenbau, im Maschinenbau oder im Behälter- und Apparatebau – müssen Stähle spezifische mechanische Anforderungen erfüllen. Der Zugversuch hilft dabei, diese Anforderungen zu überprüfen und zu gewährleisten.

Fazit

Der Zugversuch ist ein unverzichtbares Prüfverfahren der Werkstofftechnik. Er liefert grundlegende Informationen über das Verhalten von Stahl unter Belastung und trägt zur sicheren und effizienten Nutzung dieses vielseitigen Werkstoffs bei.

 

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